Die traditionelle ostfriesische Küche war einfach, deftig und bodenständig. Hülsenfrüchte, Schweinefleisch, Kartoffeln, Mehl und Fisch bildeten die Grundpfeiler dieser Küche. Und wenn mal kein Fisch im Netz war, taten es zur Not auch Muscheln. Getreu nach dem Motto "Mussel is´n good Fis, wenn dor nix anners is". Eine Küche für Torfstecher und Tagelöhner halt, für Bauern, Fischer und andere Schwerarbeiter. Kurzum - eine Küche, bei der die Kalorie regiert und nicht die Kulinarik. Oder zitiert aus einem alten Kochbuch: "Diese Küche dient nicht der Befriedigung fleischlicher Genüsse, sondern allein dazu, dem Esser durch die etwas deftige Schwere die notwendige Ballastmenge zu verleihen, die ihn daran hindert, von den ständigen Winden der Nordsee davongeblasen zu werden".
Die typischen Gerichte tragen kuriose Bezeichnungen wie "Updrögt Bohnen", Speckfetten-Grau-Arten", "Stampt Wuddels" oder Sniertjebraa" und wirken auf die Menschen südlich einer gedachten Linie Bremen-Cloppenburg so exotisch wie schottischer Haggis auf den durchschnittlichen Sizilianer. Heute, in Zeiten veränderter Arbeits- und Essgewohnheiten, stehen diese aus der reinen Not heraus geborenen Schöpfungen quasi auf der roten Liste der letztlich vom Aussterben bedrohten Rezepte. Man sollte sie bewahren, man sollte ihnen Artenschutz gewähren, denn zur rechten Zeit, am rechten Ort und - vor allem - in rechter (d.h. kleiner) Menge bieten sie auch heute noch echten Essgenuss.
In diesem Sinne - viel Freude beim Nachkochen!
(Zutaten für 6 Personen)
500 g getrocknete ostfriesische Bohnen (2 Stränge)
750 g durchwachsener Speck
500 g Kartoffeln
3 Mettenden
1 Bund Bohnenkraut, Salz, Pfeffer
Zubereitung:
Die getrockneten Bohnen am Vortag waschen, in kurze Stücke schneiden und über Nacht in reichlich kaltem Wasser einweichen.
Das Bohneneinweichwasser abgießen, die Bohnen in kochendem Wasser ca. 20 Minuten garen. Wasser abgießen. Den Speck in 6 gleich große Stücke schneiden und mit den Bohnen und 1 l kaltem Wasser aufsetzen, aufkochen und 1 1/2 Stunden bei milder Hitze zugedeckt kochen.
Die geschälten und in Viertel zugeschnittenen Kartoffeln nach Ende der Garzeit in den Topf mit den Bohnen und dem Speck geben. Weitere 30 Minuten zugedeckt kochen. Bohnenkrautblätter grob hacken.
Sodann den Speck herausnehmen. Die Bohnen und die Kartoffeln grob zerstampfen. Kräftig salzen und pfeffern, das Bohnenkraut unterrühren. Die Speckscheiben noch einmal teilen und mit den Mettenden und den Bohnen servieren.
(Zutaten für 4 - 6 Personen)
375 g Kartoffeln
250 g Porree
Salz
250 g Schlagsahne
Pfeffer aus der Mühle
40 g gut gekühlte Butter
200 g Nordseekrabbenfleisch
1 Bund Dill
Zubereitung:
Kartoffeln waschen, schälen und in kleine Würfel schneiden. Porree putzen, waschen und in Ringe schneiden. Beides in 1 Liter Salzwasser weichkochen, dann durch ein Sieb streichen.
Suppe mit der Schlagsahne verrühren, mit Salz und Pfeffer herzhaft abschmecken. Die kalte Butter mit dem Schneidstab des Handührgerätes einarbeiten.
Krabbenfleisch auf Teller oder in Tassen verteilen. Die heiße Suppe darübergießen und mit gehacktem Dill bestreuen.
Greetsiel ist ein 600 Jahre alter Fischhafen an der ostfriesischen Küste.
25 Krabbenkutter sind hier zu Hause - wenn sie vom Fang zurückkommen,
gibt's direkt von Bord frisch gekochte Krabben (bzw. "Granat", wie sie an
der Küste heißen), die man selber aus der Schale pulen muss. Die Mühe
lohnt sich, aber - besonders für Ungeübte ist Geduld gefragt.
(Zutaten für 4 - 6 Personen)
250 g getrocknete weiße Bohnen
150 g Zwiebeln
30 g Schweineschmalz
500 g Kasseler Nacken
500 g Wurzeln *)
375 g Kartoffeln
250 g säuerliche Äpfel (z.B. Boskop)
Salz
Pfeffer aus der Mühle
1 Bund glatte Petersilie
Zubereitung:
Bohnen am Vortag in 1 1/2 Liter Wasser einweichen. Zwiebel pellen, würfeln und in Schweineschmalz glasig andünsten. Kasseler im ganzen darin anbraten, mit den Bohnen und der Einweichflüssigkeit begießen und zugedeckt kochen lassen.
Inzwischen Möhren, Kartoffeln und Äpfel schälen und in Würfel schneiden. Fleisch aus den Bohnen nehmen, warmstellen. In der Flüssigkeit zuerst die Möhren 15 Minuten garen, dann die Kartoffeln und die Äpfel dazugeben und weitere 15 Minuten garen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Fleisch in Scheiben schneiden, wieder in den Eintopf geben und mit gehackter Petersilie bestreut servieren.
"Das Eintopfgericht "Pluckte Finken" geht auf die große Zeit bremischer
Walfänger zurück. Der Hauptbestandteil war urprünglich Speck vom Wal,
in große Würfel gehauen ("gepluckt"). Und diesen Speck bezeichnten die
Walfänger als "Vinken" - woraus später "Finken" wurden."
*) Von Wurzeln, Möhren und Karotten:
Was in Norddeutschland "Wurzeln" heißt nennt man in anderen Landstrichen Möhren, Mohrrüben oder gelbe Rüben. Nur die runden kleinen Karotten haben auch in Norddeutschland keinen anderen Namen.
(Zutaten für 2 Personen)
300 g Corned Beef
1 Zwiebel
400 g Kartoffeln
2 Eier
Milch nach Bedarf
etwas Butter
je nach Geschmack: Gewürzgurken, Rote Beete und Rollmöpse
Zubereitung:
Die Zwiebel schälen, frein würfeln und in de rPfanne in heißem Öl bräunen. Das Corned Beef in Würfel schneiden und hinzufügen. In der Pfanne unter Rühren weich werden lassen.
Aus geschälten Kartoffeln, Milch, Butter und Salz einen Kartoffelbrei fertigen und ebenfalls in die Pfanne geben. Alles gut vermischen und warm stellen.
Die Eier zu Spiegeleiern braten, auf das Labskaus legen und servieren.
Dazu - je nach Geschmack - Gewürzgurten, Rote Beete und Rollmöpse servieren.
(Zutaten)
500 g Updrögt Bohnen
2 l Wasser zum Quellen
1/2 l Gemüsebrühe
250 g durchwachsener getrockneter Speck
4 geräucherte Mettwürste
500 g Kartoffeln
Salz, Pfeffer
50 g Butter
Zubereitung:
Getrocknete Bohnen gründlich waschen und in kleine Stücke brechen oder mit der Schere zerschneiden. über Nacht in 2 Litern Wasser quellen lassen. Am nächsten Tag Bohnenwasser abgießen und die Bohnen mit der Gemüsebrühe und dem Speck aufsetzen. Ca. 2,5 bis 3 Stunden garen. Kartoffeln würfeln und mit den Mettwürsten die letzten 30 Minuten mitkochen lassen. Speck und Würste herausnehmen. Butter zugeben und alles miteinander vermengen. Mit den Gewürzen abschmecken.
Wer vergeblich nach den Updrögt Bohnen Ausschau gehalten hat
oder wer sie einfach vorgesetzt bekommen möchte, dem sei
"Minna am Markt" in Norden empfohlen.
(Zutaten für 4 Personen)
30 g Hefe
250 ml Milch, lauwarm
1 EL Zucker
600 g Mehl
1 Prise Salz
2 Eier
2 EL Butter, weich
4 Birnen, möglichst fest
1-2 Sternanis
1/2 Päckchen Vanillesauce zum Kochen
1 EL Zucker
Zubereitung:
Zucker in vier Esslöffel lauwarmer Milch verühren, die Hefe hineinbröseln, auflösen und abgedeckt für 10 bis 15 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Mehl, Salz, Eier, Butter und die restliche Milch in eine Schüssel geben, die aufgelöste Hefe hinzufügen und alles gründlich mit den Händen zu einem geschmeidigen Teig verkneten. Sollte der Teig zu trocken sein, etwas Milch hinzufügen. Ist er zu flüssig, etwa Mehl dazugeben. Hefeteig mit einem sauberen Tuch abdecken und 30 bis 40 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen, bis er sein Volumen verdoppelt hat.
In der Zwischenzeit die Birnen schälen, vierteln, entkernen und in einen Kochtopf legen. Wasser dazugießen, bis die Birnen knapp bedeckt sind und den Sternanis hinzufügen.
Den Hefeteig noch einmal gründlich durchkneten, einen großen Kloß - oder mehrere kleine - formen und in ein sauberes Küchenhandtuch legen. Die Enden des Handtuchs jeweils an den Henkeln des Topfes festknoten, so dass der Kloß nicht im Wasser liegt, sondern nur im Dampf gegart wird. Den Deckel fest verschließen und alles zusammen bei mittlerer Hitze für 50 bis 60 Minuten garen. Der Deckel sollte dabei geschlossen bleiben - sonst könnte der Kloß zusammenfallen.
Vanillesaucenpulver mit einem Esslöffel Zucker verrühren und mit etwas Wasser glatt rühren.
Nach Ende der Garzeit den Mehlpütt samt Tuch aus dem Topf nehmen, die übrige Flüssigkeit mit der Vanillesauce abbinden, ggfls. noch etwas Wasser zufügen und aufkochen.
Mehlpütt am Stück oder in Scheiben mit Birnen und Sauce anrichten.
Dieses Gericht ist auch in anderen Teilen des Landes unter
Germknödel oder Dampfnudel bekannt und wird meisens mit
Pflaumenmus serviert.
(Zutaten für 4 Personen)
3 Blatt weiße Gelantine
4 EL Teeblätter "Ostfriesenmischung"
100 g Zucker
3 Eigelb
100 ml Milch
200 g Schlagsahne
1 Vanilleschote
Zubereitung:
Gelantine in kaltem Wasser einweichen. Teeblätter mit 1/8 Liter kochendem Wasser überbrühen und 5 Minuten ziehen lassen. Durch ein Sieb gießen und dabei die Teeblätter gut ausdrücken. 50 ml Tee abmessen.
Zucker und Eigelb schaumig schlagen. Milch, 50 ml Schlagsahne, Tee und das Mark der Vanilleschote aufkochen und unter ständigem Schlagen zur Eimasse gießen. In einem Topf im Wasserbad bis kurz vor dem Kochen schaumig aufschlagen. Keinesfalls kochen lassen!
Gelantine gut ausdrücken und unte Rühren in der Creme auflösen. In ein Eiswasserbad stellen und abkühlen lassen, dabei öfter umrühren.
Wenn die Creme zu gelieren beginnt, die restliche Sahne steifschlagen und unterheben. In eine Schüssel füllen und kalt stellen.
In Ostfriesland werden Sauerkirschen in Rum
oder Rumtopffrüchte dazu serviert.
(Zutaten für 4 Personen)
Für die Creme:
1/2 l Milch
50 g Zucker
2 Päckchen Vanillezucker
40 g Speisestärke
4 Eiweiss
Für den Weinschaum:
4 Eigelb
50 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
1/4 l Weisswein
2 EL Zitronensaft
Zubereitung:
Milch und Vanillezucker zum Kochen bringen, die Speisestärke mit etwas Wasser anrühren, dazugeben und unter ständigem Rühren kräft kochen lassen. Topf vom Herd nehmen, das steifgeschlagene Eiweiß unterheben, wieder auf den Herd zurückstellen, einmal aufkochen lassen und in eine kalt ausgespülte Schüssel füllen.
Eigelb, Zucker, Vanillezucker, Wein und Zitronensaft gut verrühren, über einem Wasserbad so lange aufschlagen, bis die Masse dicklich wird. In ein Eiswasserbad stellen und kalt schlagen, dann über die Creme gießen.
TIPP: Die Creme muss ganz kalt sein, wenn der Weinschaum daraufgefüllt wird, sonst mischen sich beide Massen.
"Die Welfenspeise ist eine traditionelle Spezialitäg aus Niedersachen.
Mit ihren Farben sollte sie dem Königshaus Ehre erweisen, denn die
Könige von Hannover aus dem Herrschergeschlecht der Welden trugen
die Farben Gelb und Weiß auf ihrem Banner."
(Zutaten für etwa 16 Stück)
500 g Mehl
1 Würfel Hefe
1/4 l Milch
1 TL Zucker
150 g Butter
100 g Korinthen
50 g Zitronat
1 gestrichener TL Salz
1 gestrichener TL gemahlener Zimt
1 Msp. Nelken
Fett für das Blech
2 Eigelb
2 EL Milch
Zubereitung:
Mehl in eine Schüssel geben, eine Mulde hineindrücken. Hefe mit lauwarmer Milch verrühren, den Zucker dazugeben. Hefemilch in die Mulde gießen, mit etwas Mehl verrühren und zugedeckt 10 Minuten gehen lassen.
Butter schmelzen, mit den Korinthen, fein gewürfelten Zitronat, Salz, Zimt und Nelkenpulver zum Vorteig geben. Mit den Knethaken des Handrührers zu einem Teigball kneten. Zugedeckt etwa 1 Stunde gehen lassen, bis der Teig sein Volumen verdoppelt hat.
Teil auf einem leicht bemehlten Backbrett nochmal kneten, etwas ruhen lassen, dann etwa 2 cm dick ausrollen. Kreise von 6 cm Durchmesser ausstechen und auf einem gefetteten Blech ein weiteres Mal gehen lassen.
Eigelb und Milch verrühren, die Wecken damit bestreichen.
Im vorgeheiztem Backofen bei 200 °C etwa 25 Minuten backen.
"Die Wecken ist man heute meistens mit Butter bestrichen zum Frühstück,
und zwar vor allem während der Fastenzeit. Früher dagegen gab es sie
ausschließlich am Fastendienstag, und zwar als warmes Abendessen in
einem Suppenteller mit heißer Milch übergossen. Besonders ausgepichte
Feinschmecker schnitten vorher den Deckel ab, gaben ein Stück frische
Butter hinein, streuten Zimtzucker drüber und setzten den Deckel wieder
drauf. Erst dann gossen sie die heiße Milche über den Wecken."
(Zutaten für 20 - 25 Stücke)
500 g Butter
450 g Zucker
9 Eier
250 g Mandelblättchen
10 g bittere Mandeln oder Bittermandelöl
2 Vanilleschoten
1 TL unbehandelte geriebene Zitronenschale
500 g Mehl
Butter zum Fetten
50 g Puderzucker
Zubereitung:
Butter schaumig schlagen. Zucker und Eier abwechselnd unter Rühren mit den Quirlen des Handrührers dazugeben, so lange rühren, bis sich der Zucker weitgehend gelöst hat. Die Mandelblättchen und feingeriebenen bitteren Mandeln dazugeben. Vanilleschoten aufschlitzen, das Mark herauskratzen, zusammen mit der Zitronenschale zur Masse gebe und gut verrühren.
Mehl nach und nach dazugeben. Teig auf ein gefettetes Blech streichen, im vorgeheizten Backofen bei 200 °C etwa 15 Minuten backen, dann den Puderzucker drübersieben und weitere 10 Minuten backen, der Zucker soll leicht karamelisieren.
Der Küsterkuchen wird, dick mit Pflaumenmus bestrichen,
in Ostfriesland zum Tee serviert.